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Die unbekannte Tote im Main

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Ein grausiger Fund beschäftigt Hauptkommissar Andreas Winter: Eine entstellte Mädchenleiche wird am Main-Staukraftwerk gefunden. Vermutlich handelt es sich um eine Sechzehnjährige, aber niemand kennt sie oder kann Aufschluss auf ihre Identität geben. Vermisstenanzeigen laufen ins Leere. Andreas Winter ermittelt in der näheren Umgebung der Staustufe uns stößt auf eine heiße Spur.

Hat die Frau des Pizzalieferanten Benedetti das Mädchen aus Eifersucht getötet? Für Winter eine klare Sache, doch seine überaus korrekte Kollegin Hilal Aksoy ist sich nicht sicher und ermittelt weiter. Tatsächlich lässt sich der Fall nicht so einfach zu lösen, wie vermutet. Stück für Stück setzen Winter und Aksoy die Puzzleteile zusammen. Sie stoßen auf weitere Verdächtige, auch ein Ritualmord wird in Erwägung gezogen, denn die Tote gehörte der Gothic Szene an. Und dann wäre da noch Sara, Winters 16-Jährige Tochter. Aksoy findet heraus, dass Sara die Tote kannte. Kann Sara den entscheidenden Tipp geben? Eine weitere Leiche bringt die Ermittlungen gehörig durcheinander. Handelt es sich um einen Serientäter? Winter und Aksoy offenbart sich ein Geflecht aus verschmähter Liebe, Sehnsucht nach Anerkennung und Habgier.

Frankfurts neues Ermittlerduo

Frankfurt hat ein neues Ermittlerduo: Andreas Winter und Hilal Aksoy. Ohne Reibereien und anfänglicher Sticheleien kommen diese beiden nicht aus. Winter kann seine Kollegin nicht ausstehen, weil Aksoy in ihrer überkorrekten Art sich strikt an Dienstanweisungen hält, was für die Ermittlungen gelegentlich eher hinderlich ist. Aber Aksoy hat oftmals den richtigen Riecher und liefert die entscheidenden Fakten zur Lösung des Falls. Andreas Winter hat derweil noch ein ganz anderes Problem: Seine 16-Jährige Tochter Sara tanzt ihren Eltern auf der Nase herum. Zu allem Überfluss ist Saras neuer Freund auch nicht gerade der nette Junge von Nebenan. Winters Ehefrau kommt mit der bockigen Tochter nicht klar und lässt ihre Wut an ihrem Mann aus, während sich der jüngste Sohn seine Freunde im Internet sucht. Eine schrecklich nette Familie.

Spannend, überraschend und voller Wendungen

Der Fall um die unbekannte Tote ist spannend erzählt und nimmt überraschende Wendungen, dass es den Lesern schwerfällt, sich auf einen Täter einzuschießen. Bis zur letzten Seite bleibt der wahre Täter ein Geheimnis. Viele Nebenfiguren treten auf, manche verdächtig, bei anderen legt sich der erste Verdacht schnell. Rückblenden erzählen, was sich an dem fraglichen Abend ereignet hat, wie die Zeugen zu der Toten standen und wie sie ihren Abend miteinander verbracht haben. So erhalten die Leser ein umfassendes Bild von der Situation und dem Innenleben der durchweg glaubwürdigen Figuren. Die Lösung des Falls kommt unverhofft und überrascht durch die Umstände, wie es überhaupt zu dem Mord gekommen ist. Dass der tatsächliche Täter Dreck am Stecken hat, kommt schnell heraus. Allein um was es sich handelt, bleibt bis zum Ende des Krimis unklar.

Klischees am Rande

Trotzdem kommt „Staustufe“ leider nicht ohne die üblichen Klischees und Vorurteile aus: Die Tote litt unter einer psychischen Störung – Borderline-Syndrom – und ritzte sich selbst. Selbstverständlich gehörte sie der Gothic Szene an, die ja für ihre depressive Stimmung bekannt ist. Ausländer, die bei näherem Hinschauen doch integrierter sind als Gedacht und der saubere Geschäftsmann, der illegal zu seinem Reichtum gekommen ist. Winters Familiensituation und die Kabbeleien mit Kollegin Aksoy reihen sich ebenfalls hier ein. Das trübt ein wenig den Lesespaß.

Doch auch wenn „Staustufe“ das Rad nicht neu erfindet, legt Alex Reichenbachs Kriminalroman ein mitreißendes Tempo vor auf der Jagd nach dem Mörder. Damit zieht er den Leser so in seinen Sog. Bei diesem Pageturner verzeiht man dem Autor die oben genannten Klischees gern und hofft, dass dies nicht der erste und letzte Fall des ungleichen Ermittlerduos aus Frankfurt war.

Jutta Ladwig

Studio Frankfurt 

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